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Gericht: Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg
Beschluss verkündet am 21.06.2007
Aktenzeichen: 6 Ta 1204/07
Rechtsgebiete: ArbGG, ZPO
Vorschriften:
ArbGG § 2 Abs. 3 | |
ZPO § 147 |
Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg Beschluss
In dem Arrestverfahren
hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Kammer 6, durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht C. am 21. Juni 2007 beschlossen:
Tenor:
1. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Berlin vom 09. Mai 2007 - 86 Ga 23383/06 - aufgehoben.
2. Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist zulässig.
3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe:
1. Der Antragsteller hat gegen den Antragsgegner und eine frühere Angestellte in zwei gleichzeitig anhängig gemachten Verfahren vor zwei verschiedenen Kammern des Arbeitsgerichts Berlin dingliche Arreste zur Sicherung von Schadenersatzansprüchen aus gemeinschaftlicher unerlaubter Handlung erwirkt. Mit seinem Widerspruch hat der Antragsgegner zunächst die Unzuständigkeit des Arbeitsgerichts Berlin gerügt, diese Rüge später jedoch fallen gelassen. Nach Ablehnung einer Verbindung der beiden Verfahren durch den Vorsitzenden der anderen Kammer, zu der beide Verfahrensbeteiligten ihr Einverständnis erklärt haben, hat das Arbeitsgericht Berlin durch Beschluss vom 09. Mai 2007 den Rechtsweg zu den "Arbeitsgerichten" für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit ans Landgericht Berlin verwiesen. Der am 01. Juni 2007 eingelegten sofortigen Beschwerde des Antragstellers gegen seinen am 24. Mai 2007 zugestellten Beschluss hat es nicht abgeholfen, nachdem der Vorsitzende der anderen Kammer auch eine Übernahme des Verfahrens aufgrund des Geschäftsverteilungsplans (GVPl) abgelehnt hat.
2. Die gemäß § 17a Abs. 4 Satz 3 GVG, § 48 Abs. 1 ArbGG statthafte sofortige Beschwerde des Klägers ist fristgemäß und formgerecht beim Arbeitsgericht Berlin eingelegt worden (§§ 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 ZPO, § 78 Satz 1 ArbGG). Sie ist auch begründet.
2.1 Allerdings war eine Verweisung in den ordentlichen Rechtsweg nicht bereits deshalb ausgeschlossen, weil der vom Arbeitsgericht Berlin erlassene Arrestbefehl bislang nicht wieder aufgehoben worden ist (vgl. LAG Niedersachsen, Beschluss vom 05.09.2005 - 11 Sa 189/05 - LAGE BGB 2002 § 280 Nr. 3 zu IV der Gründe).
2.2 Die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen ergibt sich aus §§ 919, 943 Abs. 1 ZPO, §§ 2 Abs. 3, 62 Abs. 2 Satz 1 ArbGG.
2.2.1 Die Regelung des § 2 Abs. 3 ArbGG über sog. Zusammenhangsklagen greift auch im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gemäß §§ 916 ff. ZPO, sofern die zu sichernden Ansprüche den erforderlichen Zusammenhang aufweisen (Korinth, Einstweiliger Rechtsschutz im Arbeitsgerichtsverfahren, 2. Aufl., 2007, E 32).
2.2.2 Der erforderliche Zusammenhang ergab sich vorliegend daraus, dass der Antragsteller neben dem Antragsgegner auch seine frühere Angestellte aus einer mit deren Arbeitsverhältnis in Zusammenhang stehenden unerlaubten Handlung in Anspruch nimmt (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 lit. d ArbGG) und hierzu gegen diese zeitgleich wie gegen den Antragsgegner einen dinglichen Arrest erwirkt hat.
2.3 Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts steht der Umstand, dass im Parallelverfahren des Antragstellers gegen seine frühere Angestellte bereits ein Arrestbefehl erlassen worden ist, gegen den diese bislang keinen Widerspruch eingelegt hat, ebenso wenig wie die Weigerung des Vorsitzenden dieser Kammer, beide Verfahren zu verbinden, der Annahme einer Zusammenhangsstreitigkeit entgegen.
2.2.3.1 Es sprach bereits viel dafür, Abschn. III Nr. 13 GVPl des Arbeitsgerichts Berlin für 2006 dahin zu verstehen, dass die dort getroffene Regelung, wonach Zusammenhangsklagen gemäß § 2 Abs. 3 ArbGG der Kammer zuzuteilen sind, die für die Klage nach § 2 Abs.1 und 2 ArbGG zuständig ist, auch auf vor Klageinreichung anhängig gemachte Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zu erstrecken ist. Dem steht nicht entgegen, dass in Abschn. X Nr. 6 und 7 GVPl lediglich der Fall des Zusammentreffens von Hauptsacheverfahren und Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes geregelt ist. Vielmehr dürften sich beide Regelungen dahin ergänzen, dass die Kammer, die aufgrund Zuteilung des Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz auch für die spätere Klage auf Durchsetzung des gesicherten Anspruchs zuständig ist, für damit im Zusammenhang stehende weitere Klagen und damit diesen vorausgehende Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ebenfalls zuständig sein soll. Bei diesem Verständnis und einer entsprechenden Entscheidung des dafür nach Abschn. XVII Nr. 8 GVPl zuständigen Präsidiums bzw. der danach im Eilfall zuständigen Dienstaufsicht hätte sich das Problem einer Kammer übergreifenden Verbindung gemäß § 147 ZPO gar nicht erst gestellt.
2.2.3.2 Nach der Fassung des § 2 Abs. 3 ArbGG genügt für die Annahme einer Zusammenhangsklage bereits, dass der Anspruch mit einer bei einem Arbeitsgericht anhängigen oder gleichzeitig anhängig werdenden bürgerlichen Rechtsstreitigkeit zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern in Zusammenhang steht. Dass die Klage beim selben Arbeitsgericht eingereicht werden muss, ist damit nicht gesagt (ebenso, allerdings ohne dies zu problematisieren, BAG, Beschluss vom 11.09.2002 - 5 AZB 3/02 - BAGE 102, 343 = AP ArbGG 1979 § 2 Nr. 82 zu II 2 b, bb der Gründe). Selbst wenn man aber mit Rücksicht darauf, dass Sinn und Zweck der Zusammenhangszuständigkeit darin liegt, eine gemeinsame Verhandlung und Entscheidung der beiden Rechtsstreite zu ermöglichen, verlangt, dass die Zusammenhangsklage im Hinblick auf die Möglichkeit einer Prozessverbindung vor demselben Arbeitsgericht erhoben wird (so Leipold SAE 2003, 147, 148; vgl. auch GK-ArbGG/Wenzel, Stand 10/03, § 2 R 206 und 210 jeweils a.E.), war diese Voraussetzung vorliegend erfüllt.
§ 147 ZPO, wonach das Gericht die Verbindung mehrerer bei ihm anhängiger Prozesse derselben oder verschiedener Parteien zum Zwecke gleichzeitiger Verhandlung und Entscheidung anordnen kann, wenn die Ansprüche, die den Gegenstand dieser Prozesse bilden, in rechtlichem Zusammenhang stehen oder in einer Klage hätten geltend gemacht werden können, gilt auch im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (Schwab/Weth, ArbGG, 2004, § 2 R 183). Damit bestand bei Einreichung beider Anträge die Möglichkeit, die dadurch anhängig gemachten Verfahren zu verbinden, mag hierzu auch mit Rücksicht auf die Garantie des gesetzlichen Richters gemäß Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG das Einverständnis beider Beteiligter erforderlich gewesen sein (dazu BAG, Urteil vom 22.03.2001 - 8 AZR 565/00 - AP GG Art. 101 Nr. 59 zu A II der Gründe).
Dass in dem anderen Verfahren inzwischen bereits ein Arrestbefehl erlassen worden ist, ohne dass die frühere Angestellte des Antragstellers als dortige Antragsgegnerin dagegen bislang Widerspruch eingelegt hat und deshalb dort derzeit keine Entscheidung mehr ansteht, war unschädlich, weil die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 GVG durch eine nach Rechtshängigkeit eintretende Änderung der sie begründenden Umstände nicht berührt wird (vgl. Schwab/Weth, ArbGG, 2004, § 2 R 185).
3. Über die sofortige Beschwerde war gemäß § 78 Satz 2 ArbGG ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter zu entscheiden.
4. Mit Rücksicht auf die Stattgabe der sofortigen Beschwerde war für eine Kostenentscheidung kein Raum.
Die Rechtsbeschwerde, die nicht von vornherein durch die Rechtswegbeschränkung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gemäß § 72 Abs. 4 ArbGG ausgeschlossen ist (dazu BAG, Beschluss vom 24.05.2000 - 5 AZB 66/99 - AP GVG § 17a Nr. 45 zu II 1 der Gründe), war gemäß § 17a Abs. 4 Satz 5 GVG wegen grundsätzlicher Bedeutung der aufgeworfenen Rechtsfragen zuzulassen.
Ende der Entscheidung
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